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Epikur, Selbstgenüngsamkeit, Glück und Materialismus
»Es kommt alles darauf an, dass Du, Mensch, der Du heute und hier lebst, glücklich lebst.«
Epikur war also ein Mann der über das Glück philosophierte, er vertrat die Ansicht, dass Lust das höchste Gut im Leben darstellt nach dem es zu streben gilt, fairerweise sollte man hier allerdings differenzieren zum klassischen Hedonismus, denn Epikurs Ansicht reduziert sich auf eine Zweckmässigkeit und Selbstgenügsamkeit welche sich durch einen Verzicht auf unnötige Wünsche abgrenzt, diese Abkehr vom Überdruss wäre zumindest zu befürworten:
»Wenn wir also sagen, dass das Vergnügen der Zweck und das Ziel ist, meinen wir nicht die Vergnügungen des Verschwenderischen oder die Vergnügungen der Sinnlichkeit, wie man es durch Unwissenheit, Vorurteil oder vorsätzliche Falschdarstellung zu verstehen pflegt. Unter Vergnügen verstehen wir die Abwesenheit von Schmerz im Körper und von Ärger in der Seele. Nicht eine ununterbrochene Folge von Saufgelagen und Gelagen, nicht sexuelle Lust, nicht der Genuss von Fisch und anderen Köstlichkeiten einer üppigen Tafel führt zu einem angenehmen Leben. Vielmehr ist es nüchternes Nachdenken, das die Gründe der Wahl und der Vermeidung sucht und jene Überzeugungen verbannt, die zum Tumult der Seele führen.«
Epikurs Umgang mit dem Glücksgefühl ging so weit, dass er lieber den Freitod wählte als ein bisschen Leid zu ertragen, welche ihm das Leben schwer machte, wer so eine Illusion vom Leben hat sollte vielleicht besser nicht in der Position sein andere auch noch darüber zu belehren, aber gut, man sollte vielleicht auch hier besser zurückhalten mit einem Urteil, da man den Schweregrad des Schmerzes jetzt nicht beurteilen kann und ab einem gewissen Punkt wird es für uns alle unerträglich.
Doch stellen wir uns die Frage ob es es tatsächlich darauf ankommt im Leben glücklich zu sein mehr über alles andere? Gibt es nicht wichtigere Themen als das unmittelbare Glück im Hier und Jetzt? Nachhaltigkeit, kulturelle Werte, Balance, Erfüllung, Verträglichkeit, Harmonie und Synergie, alles Felder die sich nicht konsequenterweise aus dem Glück ergeben müssen und was wenn das Glück auf dem Leid eines anderen sich ergibt? Manche gehen soweit und vergleichen die Lehren Epikurs sogar mit jenen von Jesus oder Buddha was mir etwas sehr weit hergeholt scheint, so war doch gerade Jesus alles andere als ein Hedonist und hat sehr viel Leid auf sich genommen und Lust und Begierde wird in der Bibel mit Sünde und Schandtat gleichgesetzt die vor einen Richter gehört, auch Buddha war kein Glücksprediger, im Buddhismus wird ja gerade gelehrt das Leben in seiner vollen Gesamtheit anzunehmen, mit allen freudigen und traurigen Aspekten und dass auch hier ein innerer Zustand einer Befriedigung versucht wird zu erreichen "Frieden des Geistes" ist jetzt auch wieder nicht so eine überraschende Gemeinsamkeit, man müsste schon stark nach einer seelischen Lehre suche wo der Endzustand nicht einer Befriedigung gleichkommen soll. Wem seine Vergangenheit einzig darauf beruht in einem paradiesischen Glücksgarten Vergnügungen auszutauschen, der hat nicht nur den Bezug zur Realität verloren, der hat schon Nein zum Leben gesagt. Das zeigt sich auch in Epikurs weltanschaulicher Haltung, welche sich gegen die Ideale und Mächte dieser Welt stellt:
»Du bist nicht da für einen Gott mit seiner Kirche und nicht für einen Staat und schon gar nicht für eine Aufgabe in der großmächtigen Kultur. Du bist da, um Dein einziges, einmaliges Leben mit Glück zu füllen.«
Über den Kulturpessimismus braucht man nichts weiter zu sagen, auch der hat schon Nein zum Leben gesagt und zu allem Schaffenden, dass aber sogar der Sinn im Glauben nicht verstanden wurde ist schon harte Kost, jetzt mal abgesehen davon, dass die meisten Religionen heute unterwandert sind, so besteht der eigentliche Sinn im Glauben, dass durch das Dasein einer göttlichen Existenz, Hoffnung und Kraft geschöpft werden kann, also das ist genau die umgekehrte Deutung von unserem großen Glücksphilosophen. Interessant ist allerdings hervorzuheben, dass so wie es unter den Materialisten dieser Zeit so üblich war, die Existenz an ein göttliches Dasein nicht geleugnet wurde, man war sich den Göttern einfach nicht gewogen da man davon ausging, dass sie durch ihre Perfektion sich nicht direkt um die menschlichen Angelegenheiten kümmern würden, sondern unnötige Furcht und Angst erzeugen und man sich deshalb nicht die wertvolle Zeit mit frommer Anbetung verschwenden sollte.
Und weil ihm alles Erhabene so verhasst war, fühlte er sich mehr den Sklaven verbunden mit welchen er auch philosophiert haben soll, wie weit man das noch Philosophie nennen darf, man kann es nur erahnen wie es um den Intellekt und das Wissen eines Sklaven jener Zeit stand, aber nun ja, soviel zum einleitenden Hintergrund und ich möchte auf die kosmologische Theorie zurückkommen welche von Epikur als einer der ersten in voller Radikalität durchdacht wurde - den atomistischen Materialismus durch welchen dann diese Glückseligkeit erlangt werden sollte und wir möchten sehen ob er vielleicht ein besserer Physiker als Psychologe oder Philosoph war, wobei noch angemerkt sei, dass der atomistische Materialismus auf Demokrit zurückzuführen ist, was ihm auch hier wieder eine Errungenschaft abspricht. Es ist allerdings fragwürdig ob Demokrits Theorie als einen konsequenten Materialismus angesehen werden kann, da er nicht ganz von einer unbelebten Materie ausging und zwar den Seelenatomen, das sei erstmals auch dahingestellt, fest steht, dass hier ein Unterschied festgemacht werden kann. Hinfort, die grundlegende Frage mit welcher man sich also beschäftigte war ob man alle Stoffe in unteilbare kleinste Einheiten zerlegt werden. Das griechische Wort für nicht-teilbar lautet atomos, woraus unsere Bezeichnung des Atoms entstand. Von Epikurs Schriften waren nur Fragmente überliefert und die umfassendste Darstellung wurde als Lehrgedicht von dem römischen Philosophen Lukrez vorgetragen. Führen wir uns mal das atomistische Postulat vor Augen, es sagt:
Es gibt im unendlich grossen Kosmos unendlich viele Atome. Aber es existieren nur endlich viele Atomarten, die sich in Größe und Gestalt unterscheiden. Die Atome bewegen sich in einer unendlichen Leere (Vakuum).
Mit der heutigen wissenschaftlichen Erkenntnis kann man das zwar nicht bestätigen, aber davon gehen wir aus, soetwas wie ein absolutes Vakuum gibt es allerdings nicht; oder man müsste auch hier sagen soetwas ist uns in der Natur zumindest nicht bekannt, genauso wie es den absoluten Stillstand nicht gibt, selbst beim absoluten Nullpunkt 0K/-273.15°C gibt es eine atomare Restschwingung der Atome. Während unter den Chemikern durch eine Vielzahl an Untersuchungen von Reaktionen und Verbindungen sich die Atomtheorie weitgehend etabliert und bestätigt hatte im Laufe des 19.Jh, so war in der Physik jedoch die Existenz von Atomen nach wie vor umstritten und die Hypothese der Unteilbarkeit noch überhaupt nicht bestätigt, später fand man heraus, dass Atome doch zerfallen können und aus ihnen elektromagnetische Strahlen austreten können und auch ihr Kern aus noch kleineren Teilchen den Quarks besteht, also können wir nicht mehr von einem elementaren kleinsten Teilchen sprechen wenn wir Atome meinen. Über die Existenz der Atome und Teilchen kann man sagen, dass sie phänomenologisch betrachtet real sind wie sich durch messbare Effekte nachweisen lässt. Die Frage nach der Realität bleibt schlussendlich eine philosophische Frage, welche die Physik nicht beantworten kann und inwieweit diese Phänomene in der Physik objektiv und mit mathematischen Methoden richtig beschreibbar sind, lässt sich auch nicht einfach verifizieren, es verhält sich wie mit einer Blackbox wo die einzigen Erkenntnisse durch Messwerte gewonnen und empirisch bestätigt werden können aber das Bild eines abstrakten Objektes verborgen bleibt. Wie Kant meinte, dass wir gar nicht dafür ausgerüstet sind dieses Geheimnis jemals zu entlüften.
In Kontrast zum atomistischen Materialisten gab es da noch die Theorie von Anaxagoras, welche von einer kontinuirlichen Materie ausging. Auch war es Anaxogoras der mit seiner Erkenntnis die Sonne wäre kein Gott, sondern ein rotglühender Stein, damals gewisse Göttlichkeiten entzauberte, zurecht muss man auch sagen. Obwohl in seinen Lehren als "Nous" bekannt gab es auch einen Geist und Gesetzesmässigkeiten wo von einer unendlichen , welche auch von einem göttlichen Ursprung ausgeht, womit man eigentlich vielmehr von Naturphilosophie sprechen müsste als von Materialismus. Die wirklich grossen Denker welche Massstäbe setzten wie das Dreigestirn Aristoteles - Platon - Sokrates waren allesamt keine Materialisten und somit Vertreter der Metaphysik. Von den dem Ideologen welcher die Materialismustheorie zu einer Ideologie formvollendet hat möchte ich erst gar nicht anfangen zu sprechen, der hat es nicht nur nicht verstanden die hegelschen Denkmodelle auf die Naturwissenschaft abzubilden was ja schon phänomenologisch sowie ontologisch an sich ein absurder Abgleich darstellt wo von der Synthese gar nicht mehr viel übrig bliebe. Ob man sich bei dieser Betrachtung nicht gleich mit einem Epikur hätte befassen können; stellt sich auch die Frage wieso sich ein Materialist überhaupt mit Idealismus beschäftigt?